Getrennt- und Zusammenschreibung II: Nomen-Verb-Kombinationen
Zwei Varianten
Im zweiten Teil unserer Serie zur Getrennt- und Zusammenschreibung nehmen wir uns Kombinationen aus Verben und Nomina vor. Dabei ist zwischen zwei Varianten zu unterscheiden:
Verb + Nomen (Beispiel: schreiben + Tisch = Schreibtisch)
Nomen + Verb (Beispiel: Teil + nehmen = teilnehmen)
Beim ersten Typ wird immer zusammengeschrieben, während die Dinge bei der zweiten Variante nicht so einfach liegen. Daher werden wir uns auf diese Variante konzentrieren. Aber keine Angst! Das meiste lässt sich mit Hilfe weniger Faustregeln in den Griff bekommen. Das meiste – längst nicht alles: etliche Ausnahmen bestätigen die Regeln. Wir werden hier nur die wichtigsten berücksichtigen.
Anhaltspunkte für Getrenntschreibung
Ein Merkmal, das auf Getrenntschreibung der infiniten Formen und des zusammengesetzten Verbs im Nebensatz hinweist, ist die Trennbarkeit. Dieser Begriff ist aber nicht wie bei den Regeln für die Silbentrennung zu verstehen: Die betreffende Regel bedeutet nicht, dass jedes in Silben trennbare Verb getrennt vom Nomen geschrieben wird und umgekehrt! Aber was bedeutet Trennbarkeit im Zusammenhang mit Getrennt- und Zusammenschreibung?
Unter Trennbarkeit verstehen Grammatik-Nerds ein syntaktisches Merkmal. Sie unterscheiden zwischen festen und unfesten Verbindungen. Eine unfeste, also trennbare, Verbindung erkennt man daran, dass ihre finiten (gebeugten) Formen in ihre zwei Einzelteile zerfallen, wobei das Nomen großgeschrieben wird. Besonders im Hauptsatz wird die Trennung des finiten Verbs durch die Wortstellung unvermeidlich (ich lese Zeitung, ich nehme Anteil). Wer den fraglichen Ausdruck mit einem Hilfsverb versehen oder in einem Nebensatz (z. B. … dass ich Anteil nehme), einem Infinitivsatz (… Anteil zu nehmen) oder einer Partizipialkonstruktion (ich habe Anteil genommen) unterbringen will, formuliert am besten zunächst einen Hauptsatz. Stehen hier Nomen und Verb getrennt und in anderer Reihenfolge als im Infinitiv (Verb vor einem Nomen mit großem Anfangsbuchstaben), so werden sie auch im Infinitiv und im Nebensatz getrennt geschrieben.
Feste Verbindungen wie brandmarken und sonnenbaden erkennt man daran, dass man auch ihre finiten Formen in einem Wort schreibt; das Nomen steht in diesem Kompositum an erster Stelle (ich brandmarke, ich sonnenbade). Auch die Partizipien werden bei diesen Verbindungen zusammengeschrieben (brandmarkend/gebrandmarkt; sonnenbadend/gesonnenbadet).
Die Infinitive unfester Zusammensetzungen schreibt man getrennt – dies kann man sich leicht merken, da auch die finiten Formen in Nomen und Verb getrennt sind.
Sonderfälle
Vereinzelt gibt es Verbindungen, von denen es sowohl eine feste als auch eine unfeste Variante gibt (staubsaugen/ich staubsauge und Staub saugen/ich sauge Staub). Sie liegen an der Grenze zu einer weiteren Kategorie unfester Verbindungen, bei der die Bedeutung des Nomens in den Hintergrund tritt, in diesen Fällen „ (…) verliert das Nomen seinen Eigenwert und wird zu einem Verbzusatz“ (Heuer et al. 2009: § 1210). In seinen finiten Formen steht das Verb im Hauptsatz von solchen Nomina getrennt, das Nomen wird jedoch kleingeschrieben. In diesen Fällen ist der Infinitiv in einem Wort zu schreiben. Die Liste der Verbzusätze ist übersichtlich, sodass man schnell nachschlagen oder sie auswendig lernen kann:
eis- eislaufen
heim- heimbringen, heimkehren, heimreisen, heimsuchen, heimzahlen …
irre- irreführen, irreleiten
kopf- kopfstehen
leid- leidtun
not- nottun
pleite- pleitegehen
preis- preisgeben
stand- standhalten
statt- stattfinden, stattgeben, statthaben
teil- teilhaben, teilnehmen
wett- wettmachen
wunder- wundernehmen
(vgl. Heuer et al. 2009: § 1210)
Auffällig ist, dass die Schreibweise bei Anteil nehmen / er nimmt Anteil und teilnehmen / er nimmt teil verschieden ist. Gleiches gilt für eislaufen und Schlittschuh laufen, pleitegehen und Pleite machen. Dies wirft die Frage auf, was es mit dem „Eigenwert“ auf sich hat, der bei den festen Verbindungen wegfällt. Eislaufen ist etwas spezieller als „auf Eis laufen“, jenes ist somit nicht ganz wörtlich zu verstehen (man gleitet ja mehr, als dass man läuft), die Unterscheidung rechtfertigt eine Zusammenschreibung. Zwischen pleitegehen und Pleite machen ist ein Bedeutungsunterschied erst bei noch genauerem Hinsehen erkennbar. Bei Grenzfällen wie pleitegehen oder leidtun „erspart einem die Zusammenschreibung das Nachdenken darüber, ob dem Verbzusatz wirklich ein Nomen zugrunde liegt“, – auf diesen positiven Nenner bringen es Heuer und Kollegen (Heuer et al. 2009: § 1211). Den Eigenwert eines Nomens einzuschätzen, fällt nicht immer leicht, daher sollten Sie sich besser die Kleinschreibung von „teil“ auch im Hauptverb eines Hauptsatzes (z. B. nimmt teil) als Anhaltspunkt merken. Wenn trotzdem noch Zweifel bestehen, kann man sich immer noch über einen „Eigenwert“ Gedanken machen – ohne Erfolgsgarantie.
Scheiden tut weh: Nominalisierungen
Eine besonders häufige Fehlerquelle sind Nominalisierungen von Infinitiven, dabei ist die Regel hierbei eindeutig. Solche Nominalisierungen werden immer zusammengeschrieben (sofern sie nicht mit Genitivattribut gebildet werden oder das Nomen Teil einer Präpositionalphrase ist):
das Staubsaugen
das Eislaufen
das Zeitunglesen
das Texteschreiben.
Formulierungsalternativen dazu sind Verbindungen von Nominalisierungen mit Nomina, die durch Präpositionen angeschlossen sind oder von denen eines ein Genitivattribut darstellt (immer getrennt):
das Laufen auf Eis (nicht immer dasselbe wie Eislaufen!) oder das Auf-dem-Eis-Laufen
das Lesen einer (der) Zeitung
das Schreiben von Texten.
Fazit
Die Devise lautet also: Die Regel für Getrenntschreibung merken, die wichtigsten Ausnahmen auswendig lernen bzw. auf Kleinschreibung des Nomens in finiten Konstruktionen achten und Nominalisierungen solcher Verben zusammenschreiben.
Wer sich von verschiedenen Ausnahmen nicht irreführen lässt, kann schnell vergangene Fehler wettmachen und wird vermutlich nicht pleitegehen.
Quellen:
Heuer, Walter/ Flückiger, Max / Gallmann, Peter (2009): Richtiges Deutsch. Die Sprachschule für alle. 29. Auflage. Zürich: Verlag Neue Zürcher Zeitung.
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