Redewendungen sind laut Duden feste Verbindungen von Wörtern, die zusammen eine bestimmte, meist bildliche Bedeutung haben. Wir alle verwenden Redewendungen im Alltag. Und meistens kennen wir auch deren Bedeutung, sonst könnten wie sie ja nicht an passender Stelle einsetzen.
Häufig wissen wir allerdings nicht, woher die Redewendungen stammen und auf welchen Brauch oder welches Ereignis sie zurückzuführen sind.
Wir haben mal einige bekannte Redewendungen etwas genauer unter die Lupe genommen.
Inhalt
Bedeutung: etwas nicht sehen, etwas übersehen
Herkunft: Im mittelalterlichen Spanien galt die Tomate lange Zeit als Frucht der Sünde. Betrüger, Diebe oder Ehebrecher, die den Urteilsspruch „Tomates en los ojos“ – „Tomaten auf die Augen“ zu hören bekamen, erlebten eine öffentliche Demütigung. Sie mussten wochen- manchmal auch monatelang mit vor die Augen gebundenen Tomaten herumlaufen, damit ihr Verbrechen für alle sichtbar war.
Bedeutung: Euphemismus für sterben
Herkunft: In früheren Zeiten bekam jeder Knecht auf einem Bauernhof leihweise einen Holzlöffel, den er immer bei sich trug. Wenn der Knecht verstarb, wurde sein Löffel von seinem Herrn an den nächsten Knecht weitergegeben.
Bedeutung: von jemandem betrogen, getäuscht, überlistet werden
Herkunft: Früher wurden Vögel gefangen, indem man Zweige mit Leim beschmierte, sodass die Tiere daran festklebten. Die Vögel wurden also von den Fallenstellern überlistet und gingen ihnen „auf den Leim“.
Bedeutung: sich auf etwas Unbekanntes einlassen, etwas ungeprüft kaufen
Herkunft: Im Mittelalter betrogen Händler unachtsame Kunden oft damit, dass sie ihnen für das gezahlte Geld Katzen anstatt der begehrten Hühner, Ferkel oder Kaninchen unterjubelten.
| Jemanden an den Pranger stellen
Bedeutung: jemanden öffentlich beschuldigen
Herkunft: Im Mittelalter wurden bestimmte Verbrechen bestraft, indem man den Verurteilten auf einem öffentlichen Platz an einen Pfahl, den Pranger, kettete, damit er dem Gespött und dem Hohn der Bevölkerung ausgeliefert war.
Bedeutung: nichts verstehen (wollen)
Herkunft: Im Ersten Weltkrieg war die Eisenbahn das wichtigste Transportmittel, um Waffen und Verpflegung an die Front zu bringen. Für die Soldaten waren Bahnhöfe jedoch ein Sinnbild für die ersehnte (möglichst unversehrte) Heimreise. Da sie oft an nichts anderes mehr denken konnten als ihren Wunsch auf Heimkehr, hatten sie nur noch den Bahnhof im Kopf und verstanden somit immer nur noch Bahnhof.
| Ein Brett vor dem Kopf haben
Bedeutung: schwer von Begriff sein
Herkunft: Früher befestigten Bauern an den Köpfen ihrer Ochsen häufig Bretter, um besser mit ihnen arbeiten zu können. Die Ochsen waren dann umgänglicher, wenn ihnen das Geschirr angelegt wurde, weil sie nicht sofort begriffen, was mit ihnen passierte. Mit einem Brett vor dem Kopf ist man redensartlich also dumm wie ein Ochse.
Bedeutung: positive Darstellung von etwas, das erst im dritten Anlauf klappt
Herkunft: In der Rechtssprache der alten Germanen war „Ding“ der Ausdruck für eine Gerichtsverhandlung. Wenn ein Angeklagter dreimal vorgeladen wurde und nicht zum Termin erschien, konnte er in Abwesenheit verurteilt werden. Der Kläger gewann in dem Fall den Prozess, somit waren für ihn aller guten Dinge drei.
Bedeutung: im Irrtum sein
Herkunft: Der Holzweg war der Weg zu der Stelle, an der ein Baum gefällt wurde und von wo aus das Holz abtransportiert wurde. Wenn Wanderer dort auf die nächste Siedlung hofften, lagen sie falsch, sie waren also auf dem Holzweg.
Bedeutung: Das finde ich seltsam/unverständlich.
Herkunft: In der Regentschaft von Karl V., einem Spanier, der die deutsche Kaiserkrone trug, kamen die Deutschen in Berührung mit spanischen Sitten und spanischer Mode, die ihnen natürlich fremdartig und damit seltsam vorkamen.
Sie Spanier selbst nutzen übrigens die Redewendung „esto me suena a chin“ („das kommt mir chinesisch vor).
Bedeutung: die Konsequenzen für jemand anderen tragen
Herkunft: Im Mittelalter nutzten in öffentlichen Badestuben immer mehrere Personen hintereinander das Badewasser. Beim letzten Badegast war das Wasser nicht mehr besonders warm und auch nur noch bedingt sauber, er war somit derjenige, der den Bottich ausbaden musste.
Bedeutung: schneller werden
Herkunft: Im Mittelalter hing der Topf bei der Zubereitung von Mahlzeiten an einer Schiene mit mehreren Zacken, auch Zähne genannt. Sollte das Essen schneller fertig werden, hängte man den Topf einen Zacken tiefer und somit näher ans Feuer.
Bedeutung: eine schwierige Situation überwunden haben
Herkunft: Früher war der Beruf des Schneiders nicht besonders angesehen, weil Schneider angeblich nicht zum „richtigen“ Arbeiten taugten. Die Redewendung geht aufs Skatspielen zurück. Ein „Schneider“ war, wer weniger als die Hälfte der erforderlichen Punkteanzahl hatte. War man „aus dem Schneider“, hatte man bereits mehr Punkte erspielt.
Bedeutung: vergessen, was man sagen wollte
Herkunft: Wenn man früher beim Spinnen und Weben den Faden aus der Hand rutschen ließ, unterbrach das den Arbeitsfluss und bedeutete Zeitverlust.
Bedeutung: kaputt gehen, zunichtegemacht werden
Herkunft: Binsen ist ein Ausdruck für Schilf. Wenn ein Jäger bei der Entenjagd eine Wildente traf und diese im Schilf landete, konnte der Jagdhund sie nicht mehr finden, weil sie „in die Binsen“ gegangen war.
Bedeutung: etwas planen / beabsichtigen
Herkunft: Auf dem Schlachtfeld war der Schild nicht nur zur Verteidigung wichtig. Er zeigte auch Symbole, Wappen und Informationen über die Herkunft seines Trägers. Dadurch konnte man erkennen, wer Freund war und wer Feind, was durch die Rüstung nicht immer zu sehen war.
| Sich den Löwenanteil sichern
Bedeutung: das größte und begehrteste Stück bekommen
Herkunft: Nach einer griechischen Fabel gingen Löwe, Fuchs und Esel gemeinsam auf die Jagd. Durch seine Stärke bekam der Löwe den größten Anteil der Beute.
| Etwas auf Vordermann bringen
Bedeutung: Ordnung schaffen
Herkunft: Beim militärischen Antreten müssen sich Soldaten am Nebenmann ausrichten, aber vor allem auch am Mann in der vorderen Reihe, dem Vordermann, damit alles seine Ordnung hat.
Bedeutung: abgelehnt werden
Herkunft: Edle Burgfräuleins zogen früher ihre heimlichen Liebhaber in einem Korb herauf in ihre Gemächer. Hatten sie kein Interesse mehr an dem jeweiligen Mann, schickten sie einen Korb ohne Boden hinunter, damit der Verehrer verstand, dass er abgelehnt worden war.
Bedeutung: etwas für einen anderen ausgeben/bezahlen
Herkunft: Früher ließ beinahe jeder Kaiser eigene Münzen prägen, viele waren allerdings wertlos. Um Münzen auf Echtheit zu überprüfen, ließ man sie über den Tisch oder Tresen springen. Geübte Ohren konnten echte von falschen Münzen am Klang unterscheiden.
Bedeutung: wissen, wie die Leute um einen herum denken und handeln
Herkunft: Der Reitergeneral Gottfried Heinrich zu Pappenheim nannte sein treues Regiment „die Pappenheimer“. Schiller verwendete den Ausdruck in seinem Drama „Wallenstein“.
| Jemandem etwas in die Schuhe schieben
Bedeutung: jemandem die Schuld für etwas geben
Herkunft: In früheren Zeiten gab es für Reisende große Schlafsäle, vor denen alle Schuhe abgestellt wurden. Diebe versteckten gestohlene Dinge oft in den Schuhen anderer Leute, um bei einer nächtlichen Durchsuchung selber als unschuldig zu gelten.
| Jemanden in die Wüste schicken
Bedeutung: jemanden wegschicken/loswerden
Herkunft: Das Volk Israel übertrug einmal jährlich symbolisch alle seine Sünden auf einen Ziegenbock, der dann in die Wüste geführt und dort zurückgelassen wurde. Danach war das Volk von seinen Sünden befreit.
| Wer zuerst kommt, mahlt zuerst
Bedeutung: zuerst da, zuerst dran
Herkunft: Im Mittelalter war es eine der ersten demokratischen Regeln, dass sich an Mühlen alle in einer Reihe anstellen mussten. Das galt sogar für den Fürsten.
Bedeutung: aufgeben
Herkunft: Soldaten waren im 17. Und 18. Jahrhundert häufig Söldner, die beim Militär schnelles Geld verdienen wollten. Sterben wollten sie allerdings nicht. Sobald sich eine Niederlage abzeichnete, rannten sie davon, nachdem sie ihre Flinten ins nächste Kornfeld geworfen hatten.
| Jemanden mit etwas abspeisen
Bedeutung: jemandem weniger zukommen lassen, als er sich erhofft bzw. erwartet hat
Herkunft: Ein landwirtschaftlicher Brauch, nach dem ein Brautwerber durch eine minderwertige Mahlzeit darüber informiert wurde, dass er abgelehnt wurde.
| Sich etwas aus dem Ärmel schütteln
Bedeutung: sich schnell etwas ausdenken/etwas erfinden
Herkunft: Beim Kartenspiel wurden gute Karten im Ärmel versteckt, damit man diese bei Bedarf hervorholen konnte, um die Gewinnchancen zu erhöhen. Noch älter ist die Erklärung, dass Gewänder früher sehr weite Ärmel hatten, um sich darin einerseits die Hände zu wärmen, andererseits aber auch, um kleine Gegenstände darin zu verstecken, die man dann irgendwann aus dem Ärmel schüttelte.
| Kein Blatt vor den Mund nehmen
Bedeutung: Klartext reden/zu seiner Meinung stehen
Herkunft: Im Theater der Antike verbarg ein Feigenblatt das Gesicht des Schauspielers, sodass dieser nicht für seine Worte zur Rechenschaft gezogen werden konnte.
Bedeutung: alles in Ordnung
Herkunft: Wertvolle Güter (z. B. Porzellan) wurden früher in Kisten mit flüssiger Butter eingegossen. Nachdem die Butter hart geworden war, war die Ware beim Transport vor dem Zerbrechen geschützt.
Bedeutung: heimlich oder verborgen mit jemandem zusammenarbeiten
Herkunft: Im germanischen Eherecht galt die Ehe als geschlossen, wenn sich die Neuvermählten in Gegenwart von Zeugen unter eine gemeinsame Decke legten.
| Sein Fähnlein nach dem Wind drehen
Bedeutung: sich opportunistisch verhalten
Herkunft: Das Windrad von Windmühlen wurde immer in den Wind gestellt, um die größtmögliche Wirkung zu erzielen.
| Sich mit fremden Federn schmücken
Bedeutung: den Erfolg eines Anderen für den eigenen ausgeben
Herkunft: Besonders tapfere Indianer bekamen eigens für sie gefertigten Federschmuck, den sonst niemand aus dem Stamm tragen durfte.
| Jemandem den Fehdehandschuh hinwerfen
Bedeutung: mit jemandem Streit anfangen/jemanden herausfordern
Herkunft: Im 18. Jahrhundert war es üblich, dem Gegner einen Handschuh aus Stoff ins Gesicht zu schlagen und ihn auf diese Art zum Duell herauszufordern.
Bedeutung: nichts mehr zu sagen haben bzw. tot sein
Herkunft: Kumpel, die im Bergbau unter Tage arbeiteten, genossen ihren Feierabend am Fenster, um die Sonne zu genießen. War einer nicht mehr am Fenster zu sehen, war er krank oder tot.
Eine andere Erklärung besagt, dass mächtige Herrscher sich dem Volk am Fenster zeigten. Demnach bedeutet „weg vom Fenster sein“ also, nicht mehr im Mittelpunkt, im Rampenlicht zu stehen.
Bedeutung: sich blamieren/etwas Peinliches tun
Herkunft: Zwischen Tür und Ofen stand in alten Bauernstuben ein Fettnapf, damit nasse Stiefel wieder eingefettet werden konnten. Dort sollte man nicht aus Versehen hineintreten.
| Weder Fisch noch Fleisch sein
Bedeutung: nichts Halbes und nichts Ganzes
Herkunft: In der Reformationszeit gab es viele Wankelmütige, die nicht wussten, ob sie katholisch bleiben oder evangelisch werden wollten, daraus entstand die Redewendung.
Bedeutung: heiser/unter Beschwerden sprechen
Herkunft: Der medizinische Begriff Ranula bezeichnet eine Froschgeschwulst im menschlichen Rachen. Beim Anschwellen hat es Ähnlichkeit mit einem Frosch.
Bedeutung: über seine Verhältnisse leben
Herkunft: In Frankreich bedeutete in vergangenen Zeiten eine überdimensionierte Schuhgröße besonders viel Ansehen.
| Etwas auf die Goldwaage legen
Bedeutung: etwas ganz genau nehmen/etwas zu wichtig nehmen
Herkunft: Früher war die Goldwaage eines der genauesten Messgeräte, das schon bei den kleinsten Mengen anschlug.
| Für jemanden die Hand ins Feuer legen
Bedeutung: für jemanden bürgen/jemandem voll und ganz vertrauen
Herkunft: Gaius Mucius Scaevola soll der Sage nach Rom gerettet haben, indem er seine Hand über einem offenen Feuer verbrennen ließ, um durch seinen Mut den Gegner zu beeindrucken.